Wes Anderson beschäftigt mich seit Jahren, da ich einfach nicht durchschaut kriege, was mir an seinen Filmen immer wieder so seltsam gegen den Strich geht. Mit der Zeit hat sich in mir die Theorie verfestigt, dieses Unbehagen beruhe darauf, dass ich Andersons jeweilige Filmwelten einfach lieben müsste, da sie immer irgendeinen nostalgischen Kindheits- und Jugendnerv bei mir zum Klingen bringen (besonders die Cousteau-eske Welt der Tiefseetaucher hat es mir angetan – wie oft hatte ich früher vorm Fernseher die Expeditionsfahrten der Calypso verfolgt, und wie sehr hatte mir dieses Farbspektrum gefallen, vom Korallenriff-Bonbonbunt bis hin zum leuchtenden Wollmützen-Rot), während jedoch ein irgendwie versnobtes Flair, das den Filmen innewohnt, jedem bei mir aufkommenden Gefühl von Vertraulichkeit und Heimeligkeit direkt den Stecker zieht.
Diesmal aber bin ich nicht so sicher, ob es nicht womöglich doch einmal zündet. Das liegt gar nicht primär an der Story – in naher Zukunft werden nach dem Ausbruch einer furchtbaren Hunde-Grippe alle Hunde aus einer japanischen Mega-Stadt auf eine vorgelagerte Müll-Insel verfrachtet, wo sich ein Trupp aus fünf befreundeten Hunden gemeinsam durchschlägt und später einen Jungen begleitet, der sich auf die Insel geschlichen hat, um seinen geliebten Hund Spot aus der Verbannung zu retten. Schließlich leben Andersons Filme nie primär von irgendeiner Story, sondern natürlich von ihrer überintensiven Optik. Und genau die erwischt mich hier: Das farbliche Schema lautet diesmal offenbar Mattweiß-Rostrot-Rußschwarz, dazu kommt dieser ganze dystopische Pseudo-Japan-Schnickschnack, wunderbar.
Und auch die Filmmusik: tiefe Bläser, Flöten, Trommeln und Gedengel – passend ergänzt durch ein bisschen historische Filmmusik aus Kurosawas epischem Die sieben Samurai, und dazu, unverzichtbar, ein paar wiederentdeckte Perlen aus den 60ern.
Zuallererst ist Isle of Dogs (wie der 2009 gedrehte Der fantastische Mr. Fox) natürlich ein Stop-Motion-Film, und auch das stößt bei mir auf einen Haufen Zuneigung. Während es in gefühlt keinem einzigen Film mehr handgemachte Effekte zu sehen gibt und sich von der Kulisse bis zum Hauptdarsteller alles täuschend real computeranimieren lässt, fühlt es sich umso wohlig-wärmer an, einen in mühevollster Handarbeit entstandenen Film mit bewegten Puppen anzuschauen.
Ich weiß bloß noch nicht, wie ich meinem Sohn verklickern soll, dass ich mir einen Animationsfilm mit Hundepuppen im Kino ansehen will, den er aber wirklich nicht mit mir zusammen anschauen darf, weil er, beim besten Willen, wirklich, wirklich kein Kinderfilm ist.
Bei Wes Anderson geht es mir ähnlich wie dir. Mir bleibt das Lachen im Halse stecken, obwohl ich manche Szenen oder Bilder wunderbar finde. Das Skurrile wird bei ihm immer gnadenlos ausgewalzt und totgequatscht. Ich hab mir die letzten Filme nicht mehr angeschau,t um mich nicht zu ärgern. Aber vielleicht geb‘ ich ihm mit den Hunden noch mal eine Chance. Danke fürs Durchdringen.
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Ja, diese überbetonte Skurrilität finde ich auch anstengend, allerdings mal mehr, mal weniger. Die Tenenbaums ertrage ich überhaupt nicht – das Grand Hotel finde ich dagegen irgendwie schön. Grundregel: Je näher die Geschichte an Realität und Gegenwart dran ist, desto schlimmer finde ich den Anderson-Film. Das liegt bestimmt daran, dass die Settings solche Puppenwelten sind, und die Figuren und wie sie agieren, eben an Puppen erinnern, die obendrein von einem Zwölfjährigen bewegt werden – einem steifen, hochintelligenten Zwölfjährigen, der mit ihnen ganze Drehbücher durchspielt. Die Farben, die symmetrischen Bilder – alles an diesen Filmen drückt Künstlichkeit aus, um sich die Realität vom Leib zu halten. Um ganz Fantasie sein zu können. Allerdings finde ich dieses Puppenhafte an realen Schauspielern mitunter schauderhaft. An Puppen aber – na ja!
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